Wachsende Repression gegen kurdische Kulturaktivist:innen in Nord-Chorasan – Zahlreiche Verhaftungen und Vorladungen

25 Juli 2025 11:15

Hengaw – Freitag, 25. Juli 2025

In den vergangenen Tagen hat eine neue Repressionswelle durch die Sicherheitsbehörden der Islamischen Republik Iran gezielt kurdische Sprach- und Kulturaktivist:innen in der Provinz Nord-Chorasan ins Visier genommen – insbesondere in den Städten Bodschnurd (Bojnurd) und Schirwan (Shirvan). In diesem Zeitraum wurden mindestens sechs kurdische Kulturaktivist:innen – darunter ein 14-jähriges Mädchen – festgenommen, zahlreiche weitere Personen wurden zur Befragung vorgeladen.

Laut Informationen, die der Menschenrechtsorganisation Hengaw vorliegen, wurden mindestens sechs kurdische Kulturaktivist:innen von iranischen Streitkräften in Nord-Chorasan festgenommen. Ihre Namen sind:
    1.    Azam Naseri – Kulturaktivistin aus Schirwan
    2.    Hassan Sayfi – Kulturaktivist aus Schirwan
    3.    Morteza Pirzadeh – Bekannter Kulturaktivist mit Schwerpunkt auf kurdischer Kleidung und kulturellem Erbe, aus Schirwan
    4.    Mostafa Rahnama – 47-jähriger Sportler und Kulturaktivist aus Schirwan
    5.    Kazhal Salehi – 14-jähriges Mädchen aus dem Dorf Naveh bei Bodschnurd
    6.    Araz Salehi – Vater von Kazhal Salehi und Kulturaktivist aus Bodschnurd

Alle Verhafteten sind für ihr Engagement im Erhalt und der Förderung der kurdischen Sprache und Kultur bekannt. Die Festnahmen erfolgten ohne richterliche Anordnung, teils unter Anwendung von Gewalt.

Hengaw berichtet zudem, dass in den vergangenen Tagen Dutzende kurdische Kulturaktivist:innen in Mashhad, Borudscherd, Quchan, Schirwan, Esfarayen und Daregaz durch iranische Streitkräfte vorgeladen und eingeschüchtert wurden.

Festnahme einer 14-jährigen Schülerin löst öffentliche Empörung aus

Besonders große Aufmerksamkeit erregte die Verhaftung von Kazhal Salehi, einer 14-jährigen Schülerin aus dem Dorf Naveh. Laut Augenzeugen wurde sie vom Geheimdienst festgenommen, nachdem sie bei mehreren kulturellen Veranstaltungen Gedichte in der kurdischen Kurmandschi-Varietät zu Ehren Kurdistans vorgetragen hatte. Ihr Vater, Araz Salehi, wurde bei derselben Aktion ebenfalls festgenommen.

Die Festnahme sorgte für große Empörung: Einwohner:innen von Naveh versammelten sich vor den Streitkräften und forderten Kazhals sofortige Freilassung. Aufgrund des öffentlichen Drucks wurde sie nach drei Tagen vorübergehend freigelassen – ihr Vater bleibt jedoch weiterhin in Haft, und es bestehen erhebliche Sorgen um sein Wohlergehen.

Anhaltende Unterdrückung kurdischer Kultur in Nord-Chorasan

Kurdische Kulturaktivist:innen in Nord-Chorasan sind seit Langem Einschüchterungen, Vorladungen und Verhaftungen ausgesetzt. Ihre Bemühungen, die kurdische Sprache zu unterrichten, kulturelle Veranstaltungen zu organisieren und traditionelle Kleidung zu fördern, werden systematisch durch staatliche Behörden unterdrückt.

Hengaw hatte bereits zuvor berichtet, dass Sicherheitsbehörden das Tragen kurdischer Trachten bei öffentlichen Veranstaltungen untersagt und kurdische Künstler:innen ins Visier genommen haben. So wurden etwa Ali Karimi, Hassan Taghizadeh, Ali Delfaraz, Hossein Firoozeh und Jalal Baratzadeh aufgrund ihrer Beteiligung am kurdischsprachigen Musikvideo Walat vorgeladen, bedroht oder festgenommen.

Im Zuge dieser Repressionen wurde das Taghizadeh Studio in Esfarayen von den Behörden versiegelt. Weitere Künstler:innen – darunter Kalimollah Tavahodi, Alireza Sepahi Layen, Roya Esmaeiliyan und Asmar Hamidi – wurden von Streitkräften eingeschüchtert.

Menschenrechtliche Lage in Nord-Chorasan

Die Provinz Nord-Chorasan, in der eine bedeutende kurdische Bevölkerung lebt, ist seit Jahren von massiven Verstößen gegen die kulturellen und sprachlichen Rechte ihrer kurdischen Bewohner:innen betroffen. Staatliche Restriktionen haben den zivilgesellschaftlichen, kulturellen und bildungspolitischen Handlungsspielraum stark eingeschränkt.

Insbesondere Aktivist:innen, die sich für muttersprachlichen Unterricht und kulturelles Erbe einsetzen, sind systematisch Repressionen ausgesetzt. Dies schafft ein zunehmend bedrohliches Umfeld für kulturelle Ausdrucksformen in der Region.


Verstöße gegen internationale Kultur- und Sprachrechte

Internationale Menschenrechtsabkommen – wie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und die UN-Kinderrechtskonvention – garantieren das Recht auf Bildung in der Muttersprache und den Schutz kultureller Identität. Die anhaltende Repression gegen kurdische Kulturaktivist:innen in Nord-Chorasan stellt eine eklatante Verletzung dieser Rechte dar.

Die Menschenrechtsorganisation Hengaw verurteilt die Festnahmen und Einschüchterungsversuche aufs Schärfste. Sie bezeichnet diese Maßnahmen als schwerwiegende Verstöße gegen die Menschenrechte und die kulturelle Freiheit. Hengaw fordert internationale Organisationen und Verfechter:innen der Meinungsfreiheit auf, umgehend wirksame Schritte zu unternehmen, um die iranische Regierung zur Rechenschaft zu ziehen und die kulturellen und sprachlichen Rechte nationaler Minderheiten in Iran zu schützen.

Source:

Mehr darüber