Der Mord an Elaheh Hoseinnezhad: Widersprüche, Unklarheiten und öffentlicher Aufschrei

09 Juni 2025 10:49

Hengaw – Montag, 9. Juni 2025

Der Mord an der 24-jährigen Elaheh Hoseinnezhad aus Eslamshahr, deren Leiche nach elftägigem Verschwinden in der Wüste außerhalb Teherans entdeckt wurde, löste weitverbreitete Besorgnis über die Sicherheit von Frauen und die Menschenrechtslage im Iran aus. Ihre Ermordung – begleitet von widersprüchlichen offiziellen Darstellungen und ihrer sichtbaren Unterstützung der Bewegung „Jin, Jiyan, Azadi“ (Frau, Leben, Freiheit) – löste erhebliche öffentliche Empörung und Forderungen nach Rechenschaftspflicht aus.

Ihr Leichnam wurde am Freitagabend, dem 6. Juni 2025, auf dem Dar-al-Salaam-Friedhof in Eslamshahr beigesetzt. Quellen zufolge übten Sicherheitsbehörden Druck auf die Familie aus, nicht mit den Medien zu sprechen, die Beerdigung geheim zu halten und Informationen über den Zeitpunkt der Übergabe und die Bestattungsvorbereitungen zurückzuhalten.

Verschwinden und Fund

Elaheh Hoseinnezhad, Angestellte in einem Schönheitssalon im Teheraner Stadtteil Saadat Abad, verschwand am 25. Mai 2025, nachdem sie ihre Arbeit verlassen hatte, um nach Eslamshahr zurückzukehren. Nach zunehmender öffentlicher Besorgnis und Schweigen der Behörden berichtete die der Justiz nahestehende Nachrichtenagentur Mizan am 5. Juni, dass ein Verdächtiger festgenommen und ihre Leiche gefunden worden sei.

Offiziellen Angaben zufolge wurde Elaheh bei einem Raubüberfall erstochen, nachdem sie sich dem Angreifer widersetzt hatte, der ihr Mobiltelefon stehlen wollte. Ihre Leiche wurde später verlassen in der Nähe des Teheraner Flughafens gefunden.

Widersprüchliche Darstellungen und rechtliche Unklarheiten

Während Polizei und Behörden zunächst Handydiebstahl als Motiv nannten, berichtete das regierungsnahe Nachrichtenportal Rokna, der Mörder habe versucht, sie zu vergewaltigen, nachdem er sie mitgenommen hatte. Während eines Kampfes auf dem Weg nach Qaemieh habe er ihr in die Brust gestochen, was zu ihrem Tod führte.

Erschwerend kommt hinzu, dass Justizbeamte neben Raub auch Anklagepunkte wie „Entführung“ und „Verderbnis auf Erden“ erhoben haben. Dies deutet darauf hin, dass der Fall schwerwiegendere und komplexere Umstände beinhalten könnte.

Hintergrund des Verdächtigen

Der Angeklagte, Bahman Farzaneh, hatte sich öffentlich für die Islamische Republik Iran ausgesprochen. Im Januar 2020 veröffentlichte er auf Instagram ein Foto des Obersten Führers Ali Khamenei mit der Bildunterschrift: „Liebe bedeutet mein Führer.“ Seine Ex-Frau hat seitdem eine Vorgeschichte gewalttätiger Misshandlungen, darunter mehrere Schläge und beinahe tödliche Vorfälle, offenbart, was ein Muster der Aggression unterstreicht.

Elaheh Hoseinnezhads Rolle in der Bewegung „Frau, Leben, Freiheit“

Elaheh Hoseinnezhad war in den sozialen Medien aktiv und unterstützte die Bewegung „Jin, Jiyan, Azadi“. Auf ihrem Instagram-Account veröffentlichte sie Beiträge zur Unterstützung von Künstlern und Aktivisten, die mit den Protesten in Verbindung standen, wie Toomaj Salehi und Mehdi Yarrahi. Sie würdigte auch Mohammad Hosseini, einen der nach dem Aufstand von 2022 hingerichteten Demonstranten, und zeigte sich damit solidarisch mit der breiteren Bewegung für Freiheit und Gerechtigkeit im Iran.

Öffentliche Reaktionen

Elahehs Verschwinden und Mord lösten in den sozialen Medien eine Welle der Empörung aus. Prominente, zivilgesellschaftliche Aktivisten und normale Nutzer verurteilten die Gewalt und forderten Gerechtigkeit und Transparenz.

Der in Sanandaj geborene Fußballer Voria Ghafouri schrieb: „Der Mord an Elaheh Hoseinnezhad ist nicht nur ein individuelles Verbrechen, sondern ein Symptom tiefer struktureller Probleme und eines psychischen Traumas in der iranischen Gesellschaft.“

Der ehemalige politische Gefangene Hossein Ronaghi kommentierte auf X (ehemals Twitter): „Die Islamische Republik trägt die Verantwortung. Sie setzt Tausende von Agenten und Überwachungskameras ein, um die Kleidung von Frauen zu kontrollieren, kann – oder will – aber ihr Leben nicht schützen.“

Die Menschenrechtsorganisation Hengaw betrachtet den Mord an Elaheh Hoseinnezhad als Sinnbild für die strukturelle und institutionelle Gewalt, der Frauen im Iran ausgesetzt sind. Ihre Tötung ist kein Einzelfall, sondern verdeutlicht einen größeren Kontext von Rechtsvernachlässigung, systematischer Einschüchterung und staatlich geförderter geschlechtsspezifischer Gewalt. Hengaw fordert eine unabhängige und transparente Untersuchung der Umstände ihres Todes und der Widersprüche in offiziellen Aussagen.

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